Samstag, 23. Februar 2008

Beschreibung einer Depression und derer Symptome, Gegenmaßnahmen (akt. 22.02.2008)

Folgend die Schilderung, wie sich die Depression in meinem Fall manifestiert - es gibt viele unterschiedliche Erscheinungsformen und Symptome.

Allgemeine Beschreibung:
Es ist eine konstante, tiefsitzende, beklemmende Angst, die allgegenwärtig, aber grund- und gegenstandslos ist. Die Intensität variiert zwischen einer lauernden Lähmung und paralysierendem, brutalem Hass.
Die intellektuelle Leistungsfähigkeit reduziert sich auf eine dumpfe Leere - sie "macht dumm". Sie drückt die Persönlichkeit nieder, sie tötet die Fähigkeit zur Freude, sie macht teilnahme-, interessen- und ziellos.
Sie beherrscht mich nicht immer, aber sie ist immer präsent und scheint nur darauf zu warten, auszubrechen.

Einzelheiten/Beispiele zur Veranschaulichung:
1. Bei einem der vielen Medikamentenwechsel (von "Solvex" zu "Elontril") gab es eine befremdliche neue Erfahrung; ich fühlte mich mehrere Tage (innerlich) tot. Äußerlich lief alles seinen Gang. Absolut keine Gefühle, kein Interesse. Neu war, daß ich nichts fühlte, also auch keine Angst oder Panik. Neutralisiert. Immer nur der nüchterne Gedanke: Warum? Warum soll ich aufstehen? Warum soll ich lernen? Warum soll ich reden? Warum essen? Also: Die Frage nach dem Sinn.

2. Zeitweise Angst vor Telefonaten, Angst vor (auch anonymer) Öffentlichkeit - sog. "soziale Phobie".
Meine Maßnahme dagegen war, als es schlimm war, dass ich mir vorstellte, mich in einer Art durchsichtigen Kugel durch die Öffentlichkeit zu bewegen, an der wie bei einer Art Schutzhülle sämtliche Einwirkungen (?) abprallen. Derzeit ist es ausreichend, sich manchmal mit Sonnenbrille und Ohrstöpseln zu "verkleiden".

3. Vereinzelt das sehr erschreckende Gefühl, etwas sehr Schlimmes würde wie eine schwarze Hand von hinten nach einem greifen (Wahnvorstellung).

4. Alpträume; mein derzeitiger Rekord: sechs hintereinander in einer Nacht, unterbrochen durch kurzes Aufwachen. Glücklicherweise erinnere ich mich nur an einen: ich liege wie in der tatsächlichen Situation (Ort, Zeit) im Bett, die Arme wie bei einem auf dem Rücken liegenden Käfer nach oben gestreckt, und kann mich nicht bewegen, außer den Unterarmen, jedoch ist nur minimale kraftlose Bewegung möglich. Der Rest des Körpers befindet sich in einer Totenstarre. Es besteht eine Gefahrensituation. Ich meine mich leise winseln zu hören, da ich verzweifelt versuche, um Hilfe zu rufen. Sehr gruselig.

5. Spontanes emotionales Zusammenbrechen, wie eine Welle mit Wucht über mich hereinbrechend; Verzweiflung, Panik, Weinkrämpfe, Schluchzen. Das kann stundenlang dauern und macht so richtig fertig.

6. Auf Balkonen, Brücken die spontane Lust, herunterzuspringen. Ein Sprung, und nach Sekunden endlich Erlösung.

7. Tatsächliche Tiefschläge dagegen interessieren mich kaum; wie zum Beispiel die Nachricht, definitiv durch das Examen gefallen zu sein. Ich hatte es nicht erwartet, aber damit gerechnet. Auch starke Glücksgefühle habe ich kaum. Äußerlich merkt man mir nichts an, ich nehme am Leben teil, lache, unterhalte mich, interessiere mich für Dinge und Menschen. Das alles ist nicht gespielt, aber nur oberflächlich, das Grundgefühl ist wie oben bei der allgemeinen Beschreibung.

8. Es ist vergleichlich mit einem "Burn-Out-Syndrom", mit dem Unterschied, dass ich nicht an 6,5 Tagen/Woche 15 Stunden täglich arbeite, sondern das normale Leben allein sehr anstrengend und erschöpfend ist. Das Leben selbst kostet viel Kraft.

Gegenmaßnahmen:
Kontrolliertes strukturiertes Verhalten, unterstützt von den genannten Medikamenten. Ich kann die Depression durch befriedigende, d. h. anspruchsvolle Arbeit niederhalten und somit neutralisieren. Gelingt dies nicht, so wächst sie mit Tagesverlauf schleichend an; oder sie wird spontan ausgelöst. Starke Disziplin und starke Medikamente, regelmäßiger Sport.

Mein Traum:
1. Morgens aufwachen und einfach vor nichts mehr Angst haben.
2. Oder körperlos in/unter warmen Wasser schweben. Körperlosigkeit heisst psychisch frei von Angst und Beklemmung, physisch Gegenstandslosigkeit ("wie ein Geist").
3. Manchmal stelle ich mir vor, wie schön es wäre, durch die Luft zu fliegen, alles und jeden betrachten zu können, nichts mehr zu empfinden, also tot zu sein und Abschied zu nehmen.

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