Freitag, 27. Juni 2008

WISSEN: Cognitive enhancer - klug durch Pillen?

Geistig leistungsfähig zu sein wünscht sich jeder. Um den eigenen und sozialen Ansprüchen gerecht zu werden, greifen verschiedene Personengruppen zu Arzneimitteln, die in dem Ruf stehen, Konzentration und Merkfähigkeit zu fördern. Die wissenschaftliche Basis für einen solchen Einsatz ist aber dürftig.


Im April 2008 veröffentlichte Nature die Ergebnisse einer Online-Befragung, in der die Teilnehmer Auskunft über ihre Einnahme von Medikamenten zur kognitiven Leistungssteigerung gaben. Tatsächlich gaben 20% der 1.400 Befragten an, schon einmal Modafinil (Provigil), Methylphenidate (Ritalin) oder einen Beta Blocker wie Propranolol eingenommen zu haben, um sich konzentrierter zu fühlen oder das Gedächtnis zu unterstützen. Dieser Off-Label-Use hat unterschiedliche Ausprägungen, 27.3 % der Teilnehmer nehmen ein solches Arzneimittel nur einmal im Jahr, rund ein Viertel nehmen es monatlich oder einmal die Woche, wiederum ein Viertel täglich.

Modafinil, Ritalin, Propranolol

Die Befragung ist gleich aus mehreren Gründen interessant. Zum einen deutet sie auf ein Phänomen hin, das unter der Bezeichnung "cognitive enhancement" seit einiger Zeit in den USA und Großbritannien diskutiert wird (siehe Sahakian 2007, für die ethischen Fragen siehe die Zusammenstellung von Martha J. Farah). Die zugrunde liegende Annahme ist, dass weithin nebenwirkungsfreie Medikamente zur Verfügung stehen, die der Hirnleistung von gesunden Menschen förderlich sind. Eine Analyse der zur Verfügung stehenden Studien zeigt allerdings die Unhaltbarkeit einer solchen These. So berichten die Hälfte aller der von Nature befragten Personen von unangenehmen Nebenwirkungen.

Zudem gibt es bislang wenig Untersuchungen, die beispielsweise positive kognitive Effekte von Modafinil bei gesunden Menschen nachweisen konnten. Danielle Turner von der Universität Cambridge testete Modafinil 2003 an 60 gesunden Probanden. Das Ergebnis: Gegenüber Placebo schnitten sie in einem Test des Kurzzeitgedächtnisses signifikant besser ab. Die genauere Analyse relativiert den Befund: So verbesserten sich beispielsweise die Werte bei der Mustererkennung und dem Zahlenerinnerungstest Digit-Span, nicht aber beim schnellen Erfassen visueller Informationen und dem CANTAB-SWM2, einer klassischen Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung. Und: Die Modafinil-Testpersonen waren in der Bearbeitungsgeschwindigkeit beim Zahlen-Verbindungs-Test (ZVT) nicht besser als andere. Eine Übersichtsarbeit von Michael Minzenberg und Cameron Carter ergab 2007, dass Modafinil bei gesunden Probanden nicht automatisch alle kognitiven Leistungsparameter nach oben schraubt. Wie sagte schon Laotse so schön: "Will man messen, muss man Maßstab wissen". Nicht nur bei Modafinil, auch bei Methylphenidat erschweren unterschiedliche Testbatterien die Vergleichbarkeit von Studien.

Smart Drugs?

In den letzten Jahren und Jahrzehnten standen immer wieder Substanzen für kurze Zeit in dem Ruf, der geistigen Aufnahmekapazität zuträglich zu sein. Man erinnere sich nur an die "Smart-Drugs" der 90er Jahre. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich bis heute, dass die Mittel entweder Derivate altbekannter Stimulanzien sind (so wie Methylphenidat, das ähnlich dem Amphetamin

Anfang der 2000er Jahre wollte man mit den "Ampakinen" den Schlüssel zum Gedächtnisspeicherung gefunden haben. Diese Substanzen wirken primär an einer Untergruppe der Glutamat-Rezeptoren im Zentralnervensystem, den AMPA-Rezeptoren. Aber die Versuche mit CX-516 und anderen Kandidaten verliefen im Sande. Selbiges gilt für den Wirkstoff MEM 1414, der eine Zeit lang durch die Wissenschaftsmagazine geisterte (dazu ausführlich Auf dem Hövel 2008). Der Extrakt aus dem Ginkgo-Baum wird bis heute ebenfalls an gesunden Menschen daraufhin getestet, ob er nicht nur die Durchblutung, sondern auch den Geist ankurbelt. Die Ergebnisse sind widerspüchlich, einige Forscher finden positive Effekte von Ginkgo biloba (zuletzt Kaschel 2007, andere sehen keine Vorteile (u.a. Burns 2005). Vielleicht ist Ginkgo das beste Beispiel dafür, dass das menschliche Gehirn im Zusammenspiel mit dem Körper ein Gleichgewicht hält, welches nur schwer optimiert werden kann.
wirkt), und damit primär wach halten, oder aber die Arzneimittel zwar die kognitiven Funktionen bei dementen Patienten moderat verbessern, bei gesunden Menschen aber weithin versagen. Es gibt von daher keinen Grund den Begriff der "Nootropika" wieder aus dem Hut zu zaubern oder gar eine neue Substanzklasse der "cognitive enhancer" zu etablieren.

Dies weist auf ein weiteres Phänomen hin, das durch die Nature-Befragung ans Licht gekommen ist. 60 Prozent derjenigen, die an der Umfrage teilnahmen, waren unter 35 Jahre alt, 70 % kamen aus den USA. Die Online-Befragung ist nicht repräsentativ, zudem fehlen auch ansonsten verlässliche Daten über den Off-Label-Use von diesen Medikamenten. Bei vorsichtiger Interpretation lässt sich allerdings sagen, dass unter jüngeren, wissenschaftsaffinen Personen eine Tendenz existiert, konzentriert geistige Zustände durch Psychopharmaka evozieren zu wollen, um im Lern- und Berufsumfeld leistungsfähiger zu sein. Zukünftig wird diskutiert werden müssen, an welchen Stellen der Missbrauch beginnt und wie weit sich ein soziales System erlauben möchte, jedwede Befindlichkeit mit einem Pharmazeutikum unterstützen oder unterdrücken zu wollen.

(c) DocCheck, 27.06.08 (Newsletter 08.26, Artikel 3)

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

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